Haushaltsrede der sehr guten Gruppe

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Ratskolleginnen und Kollegen...

Eigentlich könnte ich meine letzte HH-Rede mehr oder weniger noch einmal halten. Die Missstände, die ich im März benannte, bestehen nach wie vor.

Die Transformation unserer Stadt, die sich den Herausforderungen unserer Zeit stellt und dringend notwendig ist, wird nicht angegangen.

Unser Ziel ist eine lebens- und liebenswerte Stadt vor allem für die BewohnerInnen. Dazu gehören u.a. eine Mobilitätsinfrastruktur, die nicht nur auf das Auto ausgerichtet ist, eine Stadtplanung, die die Folgen des Klimawandels, so gut es geht, abfedert und auch eine gut aufgestellte, serviceorientierte Verwaltung mit der entsprechenden Personalausstattung und zu allem kommt der entsprechende Einsatz des vorhandenen Geldes.

Was benötigen wir für die Zukunft? Unter anderem:

  • Bessere Infrastruktur für die nicht-KFZ-basierte Mobilität

  • Maßnahmen zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen

  • Wassermanagement

  • Unterstützung alternativer Energiegewinnung

  • Bessere Personalausstattung

Hier und heute gibt es von mir eine Auswahl von Themen, die in unseren Augen verbesserungswürdig sind.

Mobilitätswende
Da haben viele von uns Zeit in Verkehrsworkshops investiert. Aber die Umsetzung der Ergebnisse beginnt frühestens 2025 – das ist frustrierend.
Die Radwegeplanung verläuft nur schleppend. Die von uns beantragte Stelle eines/einer Mobilitätsbeauftragten wurde von der Ratsmehrheit abgelehnt, so gelingt eine echte Mobilitätswende nur schwer.

Klimaschutz

Die Klimakrise findet jetzt statt und wir machen weiter wie bisher. Hitzeperioden, Waldsterben, Waldbrände, Hochwasser machen im Kopf vieler RatskollegInnen anscheinend einen Bogen um Goslar. Anträge, diesen Herausforderungen im Rahmen unserer Möglichkeiten zu begegnen, werden von der Ratsmehrheit regelmäßig abgelehnt.

Klimaschutz gibt es in Goslar nur, wenn er keine Umstände macht. Hier wird bei der Frage wie Energie eingespart werden kann, das Ziehen eines Steckers im Verwaltungsgebäude als großer Wurf verkauft.

Vorausschauendes Denken und Handeln findet nicht statt, es wird nur reagiert, nicht agiert.

Zum Klimaschutz gehört es aber auch sich Gedanken um die Folgen der Klimaveränderungen zu machen.

Dazu gehört auch der Hochwasserschutz, unser Meinung nach eine Pflichtaufgabe. Zwar haben wir der Verschiebung der Planungskosten für den Hochwassertunnel auch erst einmal zugestimmt mit der Maßgabe weitere Alternativen nochmals zu prüfen. Aber ich sage ihnen schon heute, sollte der Plan der anderen Fraktionen der sein, den Tunnel zu streichen, werden wir uns quer stellen. Der Hochwasserschutz für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und auch für unsere historischen Altstadt hat für uns einen hohen Stellenwert.

Unser Antrag einen Hitzeschutzaktionsplan und Klimaanpassungskonzepte zu entwickeln wurde abgelehnt weil wir ja nicht zuständig seien, eher der Landkreis. Ja, viele Aufgabenbereiche liegen beim Landkreis. Nur nicht hinschauen und prüfen was selbst getan werden kann. Auch der Landkreis hat noch keinen Plan zu dem Thema, so könnten wir als Stadt doch zumindest schon mal schauen was geht. Die, vor einiger Zeit von uns beantragten und abgelehnten Wasserspenden wären doch schon eine kleine, hilfreiche Maßnahme.

Jugendarbeit

Was die Jugendarbeit betrifft, so ist allen klar, dass man nach 2 Jahren Pandemie junge Menschen in dieser Zeit „abgehängt“ hat. Der Aufschrei nach Lüftungssystemen ist zwar groß, aber der Wille endlich einmal in den Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit für bessere Verhältnisse zu sorgen ist nicht vorhanden. Damit die Versprechen an die jungen Menschen bei „Jugend entscheidet“ kein Lippenbekenntnis bleibt, müssen wir gute Voraussetzungen schaffen. Die Jugendlichen wünschten sich mehr Angebote in unserer Stadt, das bedeutet auch, dass man einerseits mehr Geld zur Verfügung stellt aber auch auch mehr Personal.

Mehr Personal in den Jugendzentren, die gerade Anlaufort für viele Jugendlichen sind, die sonst nur schwer Zugang in anderen Institutionen, wie Vereinen u.ä. finden. Ebenso sehen wir die Verwaltung in der Pflicht in dem Bereich auszubilden. Anerkennungsstellen für SozialarbeiterInnen sind in anderen Städten eine Selbstverständlichkeit und das sollten sie in unserer Stadt in jeder Jugendeinrichtung auch sein. Und natürlich haben wir uns professionelles Personal gewünscht, dass ohne Probleme auch die Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr und Bufdis „betreuen“ könnten - diese Kompetenz scheinen die großen Fraktionen dem Personal in der Verwaltung abzusprechen.

Die 40.000 EUR, die man in den HH für einen Jubiläumsaustausch eingestellt hat, müssen auch in den kommenden Jahren der Jugendarbeit zur Verfügung stehen, der Bedarf ist vorhanden.

Kultur
Die Inhalte des Stadtarchivs können nur sehr zögerlich digitalisiert werden, Stellen wurden gestrichen. Sichtung des vorhandenes Materials kann nur vor Ort stattfinden, für InteressentInnen, die z.T. weite Anreisen haben, sehr ärgerlich.

Mit viel Geld haben wir als Stadt den Kulturmarkplatz geschaffen aber wo ist das Personal das diesen bespielt? Die Öffnungszeiten der neuen Stadtbücherei sind mager, die stattfindenden Veranstaltungen auch. Das will ich der Kulturverwaltung nicht zum Vorwurf machen aber dort muss dringend personell aufgestockt werden sonst wird das nichts mit einem lebendigen Kulturmarktplatz.

Personalausstattung

Für die Ahndung von Schottergärten, obwohl nach niedersächsischen Baurecht verboten, ist lt. Verwaltung auch kein Personal da. So bleibt es wohl nur bei der Ankündigung der Verwaltung Verfehlungen zu verfolgen, gehandelt wird jedoch indes nicht.

Das GGM hat eine Menge Bauvorhaben auf der Liste, man schafft es aber nur eine begrenzte Anzahl abzuarbeiten, der Rest bleibt erst mal liegen.

Diverse Projekte werden geplant und ausgeschrieben und dann doch wieder abgebrochen. Z.b. Der Kreisel in Jürgenohl, der Hochwassertunnel oder das Kulturhaus in Jürgenohl. Dies bindet Arbeitskraft und Energie. Andererseits dauern manche Projekte gefühlt eine kleine Ewigkeit, wie z.B. die Umsetzung

des Radverkehrskonzeptes oder die dringend notwendige Sanierung des Baubetriebshofs.
Es wäre dringend zu überlegen ob eine Aufstockung des Personals in einigen Bereichen nicht hilfreich wäre. Und für alle, die gleich sagen es wolle ja niemand – über bessere Bezahlung könnte auch mal nachgedacht werden.

Stadthalle

Unsere Gruppe ist nicht grundsätzlich gegen die Entwicklung des Kaiserpfalzquartiers.

Die Bedingungen für die Umgestaltung und den Bau der Halle haben sich aber so dramatisch verändert und die Baukosten sind aufgrund globaler Entwicklungen dermaßen in die Höhe geschossen, dass wir glauben, uns den Bau der Halle zum jetzigen Zeitpunkt nicht leisten zu können, ohne Investitionen für das Zusammenleben und die Stadtgesellschaft zu kürzen, zu verschieben oder zu streichen.

Und dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht ein gegeneinander auspielen von notwendigen Maßnahmen. Es ist doch klar, Geld, was ich an der einen Stelle ausgebe, kann ich nicht an einer anderen Stelle einsetzen. Auch wenn wir gerade noch relativ gut durch die Krise kommen, sagt selbst die Kämmerei, wir sollten eher defensiv an Ausgaben herangehen. Auch in der Fachliteratur wird geraten, Bauvorhaben noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, ob sie verschoben werden können.
Neben den Finanzen sind grundlegende Dinge noch nicht geklärt. Es fehlt z.B. immer noch ein Betreiber*innenkonzept für die Halle, das Busparkproblem ist noch nicht gelöst und einiges anderes mehr. Letzendlich halten wir das Geld für den Bau der Stadthalle an anderen Stellen, wie KiTas, Schulen, Klimaschutz u. a. derzeit für wichtiger eingesetzt.
Wenn Baukosten aus dem Ruder laufen, können wir eben nur das bauen was wir auch wirklich benötigen. Was würde das MI wohl sagen, würden wir heute einen Zukunftsvertrag abschließen wollen.
Dieses Jahr haben wir noch Glück, aufgrund der sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen kommen wir mit einem blauen Auge davon, die anvisierten 8 Mio Schulden haben sich in Luft aufgelöst.

Aber wie geht es weiter? Wir schieben immer noch einen Berg von notwendigen Pflichtaufgaben vor uns her. Ganztagsbetrieb in den Grundschulen, Kindergärten- und Krippenneubauten und -erweiterungen, Feuerwehrgebäude müssen geplant und realisiert werden. Dafür brauchen wir außer dem, bereits angesprochenen, Personal auch Geld.

Dagegen sind wir bereit bei den Plänen der SPD, Hausbesitzern in dieser Stadt Bäumchen für den Vorgarten aus dem Stadtsäckel zu spendieren, die Reißleine zu ziehen, wer ein Haus besitzt, kann sich sicher noch selbst einen Baum für den Vorgarten leisten. Und nein, wir sind nicht gegen Bäume, sondern dagegen, dass die Stadt den besser Betuchten auch noch die Vorgartenbepflanzung finanziert.

Vorausschauendes Denken und Handeln findet leider derzeit nicht statt, es wird nur reagiert, nicht agiert.

Zukunftsvisionen, Antworten auf die Frage “Wo steht unsere Stadt in 10 oder 20 Jahren?“, die gibt es hier in Goslar mit diesem Rat nicht und aus all diesen Gründen werden wir dem Stellen-, Investitions- und Haushaltsplan 2023 nicht zustimmen.

Mein Dank geht zu guter Letzt an die VerwaltungsmitarbeiterInnen. Es wird ja immer suggeriert in Verwaltungen würde wenig gearbeitet, aber wenn ich den Aufwand und Einsatz sehe, zumindest in den Bereichen, in denen ich Einblick habe, widerspreche ich dem Vorurteil.

Vielen Dank für ihr Engagement und die Überstunden und den Elan und dies unter den z.T. schwierigen Umständen.

Eine Bitte hätte ich aber noch. Bei vielen Stellungnahmen der Verwaltung bzgl. Ratsanträgen sehe ich dass sich vor allem darauf konzentriert wird zu erläutern warum etwas nicht geht. Vielleicht ändern sie mal den Blickwinkel und erlären in den Stellungnahmen warum und unter welchen Rahmenbedingungen etwas funktionieren kann.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit

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Sehr gute und frohe Weihnachten!

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Stellungnahme der Ratsgruppe GRÜNE PARTEI 42 zum Artikel „Mit Fackeln und Fahnen“ der Goslarschen Zeitung vom 16.12.2022