Stellungnahme auf unseren Beitrag vom 15.12.2021 bzgl. der Wahleinsprüche

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich kann ja verstehen, dass die grüne Ratsgruppe nach der Kommunalwahl einige Rechnungen mit der SPD offen hat. Dennoch ist das Ergebnis der OB-Wahlen eindeutig. Eine Wahlwiederholung würde kein anderes Ergebnis ergeben. Als Fazit des Experten-Hearings vom 10.12.21 ist außerdem festzuhalten, dass alle drei Fachleute einem juristischen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keine Erfolgsaussichten einräumen.

Das Argument, bei einer 10-jährigen Amtszeit hätten die Parteien andere KandidatInnen aufgestellt, zieht nicht. Andernfalls müssten die Parteien ja zugeben, dass sie für die 5-jährige Amtszeit nur „ZählkandidatInnen“ aufgestellt und die WählerInnen nicht ernst genommen haben.

Für die WählerInnen ist die akademische Diskussion, ob es sich um eine allgemeine (5 Jahre) oder eine einzelne Direktwahl (fast 10 Jahre) gehandelt hat, ohnehin unbedeutend. Sie haben nämlich nur Personen und keine Amtszeiten gewählt.  

Vor diesem Hintergrund nehme ich zu den einzelnen Punkten wie folgt Stellung:

1. Auf hoher See und vor Gericht …

Die Experten haben zwar auf Fehler der Wahlleitung hingewiesen, aber unisono deutlich gemacht, wie Gerichte in ähnlichen Fällen entschieden haben. Demnach muss eine wesentliche Beeinflussung der Wahl vorliegen, die Zweifel am Ergebnis aufkommen lassen. Das ist hier nicht gegeben.

Das Beispiel „Tourismusbeitrag“ ist nicht vergleichbar, weil es seinerzeit unterschiedliche Rechtsauffassungen gab und die Stadt sich auch nur auf eine einzige Expertenmeinung stützte.

2. Veränderung der Sitzverteilung

Auch dieses Beispiel hinkt. Jedes Ratsmitglied kann jederzeit auf das Mandat verzichten – auch aus taktischen Gründen. CDU, Linke und Die Partei haben von dieser Möglichkeit nach der Kommunalwahl hinreichend Gebrauch gemacht. Warum sollte man dies der SPD nicht zugestehen?

Es war der Fraktionswechsel des Kollegen Graziano der die Sitzverteilung im Rat gegen den WählerInnenwillen verändert hat. Wenn man sich Sorgen um die Demokratieauffassung machen muss, dann doch eher bei der grünen Ratsgruppe.

Wer im Glashaus sitzt …

 

3. Es kommt ohnehin zum Verfahren

Eine juristische Auseinandersetzung findet unabhängig von der Ratsentscheidung statt. Es besteht schon deshalb kein Grund, dass die Stadt für einen eigenen Rechtsstreit Geld in die Hand nehmen soll, das an anderer Stelle viel dringender gebraucht wird.

4. Ausgerechnet wir sollen entscheiden

Der Rat ist das „kompetente Gremium“, das über Wahleinsprüche zu entscheiden hat. Das ist im Gesetz vorgesehen und kann auch nicht durch „Selbstentmündigung“ der Ratsmitglieder in Frage gestellt werden.

Wenn finale Entscheidungen den Gerichten überlassen werden, die sich angeblich damit auskennen, dann gilt dies letztlich für fast jede Ratsentscheidung; d.h. man braucht den Rat nicht mehr. Auch ehrenamtliche „FeierabendpolitikerInnen“ müssen, wenn sie gewählt sind, Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Die Bürgerliste nimmt diese Verantwortung wahr.                          

Mit freundlichen Grüßen

Henning Wehrmann“

– Henning Wehrmann  (Schreiben v. 16. Dezember 2021 an den Rat und die Goslarsche Zeitung)